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26.09.2022

Zorana: „365 Tage“

Eine meiner Programmteilnehmerinnen hat einen wunderschönen Beitrag zu ihrem ersten nüchternen Jahr geschrieben, in dem sie die Abstinenz als ihre beste Freundin bezeichnet. Ich freue mich riesig, dass ich ihn heute mit Dir teilen darf:


Zorana

Meine beste Freundin und ich feiern heute unseren 1. Sober-Geburtstag! Wir sind inzwischen ein Superteam geworden. Es ist ein Jahr her, dass ich die Hand meiner Abstinenz ganz fest ergriff, obwohl ich sie dreimal zuvor im OAmN-Programm (vor dem Programm unzählige Male) fallen ließ und ihre ausgestreckte Hand verschmähte. Doch die Abstinenz hielt sich hartnäckig an meinem kleinen Finger fest und ließ nicht los, bis ich so weit war. Bis ich mich für ein freies Leben entschied und mich meiner Abstinenzfreundin ganz und gar im Vertrauen hingab.

365 Tage. Ich verbringe den heutigen Tag in stiller Dankbarkeit und mit einem Dauergrinsen im Gesicht.

365 Tage, in denen ich Nathalies Programm Schritt für Schritt umsetzte, in mein Leben integrierte und immer noch anwende.

365 Tage, in denen ich erkannte, dass es meine Gedanken waren, die dafür sorgten, dass ich in der Vergangenheit so oft mit meiner Abstinenz gescheitert bin. Das waren die Gedanken eines vermeintlichen Opfers – das dachte, es würde ohne den Wein nicht mehr dazugehören und ein langweiliges Leben führen. Als sich meine Gedanken vom Verzicht weg und auf Neues und Schönes in meinem Leben konzentrierten, kam die ersehnte Veränderung.

365 Tage, in denen ich mich neu kennenlernte. Neue Gewohnheiten, Interessen und Leidenschaften in mein Leben ließ. Dinge behielt, die meiner Abstinenz gut taten. Facetten meiner Selbst liebevoll umarmte, neue entdeckte und immer noch entdecke.

365 Tage, in denen meine vom Alkohol verletzte Seele heilte und immer noch heilt.

365 Tage, in denen mein Körper aufatmete, die Giftstoffe rausspuckte und mein Körper fester und fitter wurde. Und meine Seele gelassener, freundlicher und ruhiger.

365 Tage, in denen ich nüchtern runde Geburtstage, Ereignisse, Familienfeste und Urlaube nicht nur hinter mich brachte, sondern diese sehr genoss und mich später sogar an alles erinnerte. Was für ein Geschenk!

365 Tage, in denen ich wirkliches Genießen kennenlernte. Feststellte, wie herrlich ein Essen ohne Wein schmeckt, wie wunderbar der Kaffee vor meiner Nase duftet und wie ich mich diebisch auf ein Stück Kuchen freuen kann. Ich rieche, schmecke, erlebe Dinge intensiver. Ich genieße Situationen bewusst und mache es mir einfach schön.

365 Tage voller Klarheit, egal ob es entspannte, fröhliche, stressige, miese oder kränkliche Tage waren – sie waren klar, sie waren unverfälscht, sie sind von mir bewusst gelebt und gemeistert wurden. Ich lachte, weil ich was witzig fand, weinte, weil etwas traurig war und stritt mich, weil mir was nicht passte. Und all das, ohne vom Gift aufgeputscht und verfälscht zu werden.

365 Tage, in denen ich lernte – und immer noch lerne – “nein” zu sagen und gesunde Grenzen zu setzen. Nicht ständig seelischen Mülleimer zu spielen, sondern mich zu schonen und zu schützen.

365 Tage, in denen ich irgendwann soweit war, meine Alkoholvergangenheit als Teil meines Weges zu akzeptieren. Nicht meine Energie weiterhin damit zu verschwenden, darüber nachzudenken, wieviel Zeit ich verloren hätte. Was passiert ist, ist passiert. Es ist eine stete Mahnung für mich, doch in meiner Gegenwart spielt die Alkoholvergangenheit keine Rolle mehr. Ich habe mir selbst verziehen. Das war für mich einer der wichtigsten Prozesse in diesem Jahr.

Nach einem Jahr Nüchternheit bin ich an einem Ort, der hell und fröhlich und sauber und warm ist. Es war die beste Entscheidung meines Lebens.


Boah, ich fühl das so sehr. Und Du hoffentlich (bald) auch. Mach weiter. Fang an und mach weiter. Tag für Tag, Schritt für Schritt. Du kannst das schaffen und Du bist nicht allein.

Übrigens: Vor ein paar Tagen ist eine Dokumentation von MDR Investigativ erschienen, bei der ich auch mitwirken durfte. Sie heißt „Ein Bier ist kein Bier: Ostdeutschland und der Alkohol“ und Du kannst sie Dir unter diesem Link auf YouTube anschauen.


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