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15.11.2021

Sensibilisieren statt missionieren

Mein Buch „Ohne Alkohol: Die beste Entscheidung meines Lebens“ steht nun seit über einem Monat auf der Spiegel-Bestsellerliste. Und auch die Presseanfragen nehmen nicht ab. Sie kommen so zahlreich, dass ich PR-technisch bereits bis in den Januar hinein verplant bin. Irre, oder? Der Bedarf an einer modernen Form von Aufklärung, er ist riesig. Das wussten wir ja schon. Aber jetzt zeigt es sich gerade nochmal sehr deutlich.

Manche Fragen häufen sich naturgemäß. Wann wird es kritisch? Wann hast du bemerkt, dass du ein Problem hast? Was ist neu an deiner Herangehensweise? Eine Frage, die auch immer wieder kommt, hat mir als letztes der Moderator vom Frühstücksfernsehen gestellt. Nicht live, sondern in einer kurzen Unterhaltung nach unserem ersten Live-Talk: “Würdest du Alkohol denn gern verbieten?” Meine Antwort: Nein.

Das ist nicht mein Ziel. Und ich halte das auch für Quatsch. Wir müssen nur mal knappe hundert Jahre zurückspulen, dann sehen wir, was wir davon hätten: Prohibition führt dazu, dass der Schwarzmarkt erblüht, dass organisierte Kriminalität eine Art gesetzlichen Parallelraum aufbaut und dass das illegale Zeug noch teuflischer, noch giftiger ist als das legale. Das ist aber nicht der einzige Grund.

Ein weiterer: Es gibt sie ja, die Genusstrinker. Es gibt sie durchaus. Mein Mann ist so einer. Er trinkt alle Jubeljahre mal einen Whiskey. Trinkt dann gefühlte acht Stunden daran herum, bestellt sich danach ‘ne Spezi und macht sich keine weiteren Gedanken mehr darüber. Für ihn ist Whiskey wie Pfefferminztee: Kann man mal machen, berührt ihn jetzt aber auch nicht weiter.

Ich sitze in solchen Situationen noch immer staunend daneben und denke mir: Ok, das ist unproblematischer Alkoholkonsum. Und die zwei Zentiliter alle halbe Jahr wird sein Körper definitiv wegstecken. Warum sollte ich so jemandem den Alkohol verbieten wollen? Oder auch nur ausreden wollen? Das ergäbe keinen Sinn.

Nein, ich sehe meine Aufgabe darin, dafür zu sensibilisieren, wie schnell es nicht mehr um Genuss geht, sondern um Sucht. Wie schnell Genuss zu schlechter Gewohnheit führt – und wie schnell schlechte Gewohnheit in Abhängigkeit umschlagen kann. Ich sehe meine Aufgabe darin, die Augen dafür zu öffnen, dass zwei Gläser Wein am Abend, um auf sein Leben klarzukommen, nichts mehr mit Genuss zu tun haben. Dass es nichts mit Genuss zu tun hat, sich am Wochenende mit den Jungs ’nen Kasten Bier reinzuknallen.

Ich möchte die Augen dafür öffnen, dass viele Probleme – wie Schlafstörungen, Übergewicht, Stress, Depressionen, krankhafte Angst und Sorge – ganz oft etwas mit dem zu tun haben, was so viele noch als “Genuss” betiteln. Obwohl so viele bereits kilometerweit vom Genießen entfernt sind.

Ich möchte unsere verzerrte Realität geraderücken. Nicht missionieren, sondern sensibilisieren.


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