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28.11.2020

Julia: „Ich möchte fühlen und damit umgehen können.“

Freitag, November, Shutdown, 2020. Kannst Du ein bisschen Motivation vertragen? Immer gern. Hier kommen ein paar „Warums“ Deiner Mitstreiter*innen. Ein paar neue Antworten auf die Frage:

Warum wolltest Du aufhören zu trinken?

Nathalie
Weil ich mich nicht mehr von Flasche zu Flasche hangeln wollte, um kurz Glück zu spüren, sondern wissen wollte, ob es da nicht noch einen anderen Ort in mir gibt, an dem ich Frieden finde. Weil ich es gehasst habe, morgens in den Spiegel zu sehen, nachdem ich schon wieder nicht wusste, wie ich abends genau ins Bett gekommen bin. Weil ich ein paar Mal so die Kontrolle verloren habe, dass ich nicht nur Dinge kaputtgemacht habe, sondern auch Beziehungen. Und Körperteile. Weil ich wieder ich sein wollte. Nicht mehr das taumelnde Wrack, das keine klaren Sätze mehr rausbringt und das Geschenk des Lebens verschwendet, als gäbe es das irgendwo im Sonderangebot.

Rolf
Ich möchte mich endlich wieder wie ein Mensch fühlen. Ich wünsche mir, dass diese extrem depressiven Zustände ein Ende haben. Sie bremsen mein Leben aus, nehmen mir den letzten Mut. Je länger ich nüchtern bin, desto leichter wird Leben und Alltag. Ich möchte einfach gesund sein, um all meine Ressourcen nutzen und für meine Tochter da sein zu können. Ich möchte meine Isolation beenden. Ich möchte mich wieder dem kreativen Schreiben widmen können (eine zarte Pflanze, die wieder vorsichtig zu wachsen beginnt).

Bärbel
Ich will meinen Mann nicht mehr belügen.

Anne
Ich hatte schon längere Zeit den Verdacht, dass es bei mir nicht um den Genuss, sondern mehr um das Trinken an sich ging. Wenn meine Freunde so ein großes „Gedöns“ um den richtigen Wein mit dem richtigen Säuregrad und nicht zu viel Zucker und aus der Region Blabla von der und jener Traube des preisgekrönten Superwinzers gemacht haben, dann habe ich oft gedacht: Es ist aber schon Wein und der berauscht. Alle. Nicht nur mich. Allenfalls der erste Schluck wird noch wahrgenommen, danach wird einfach getrunken. Dasselbe mit wirklich nicht so dollem Stoff: getrunken wird er dann doch. Also geht es um den Rausch und nicht um den Genuss. Es wurde dann immer mehr. Irgendwann gab es nahezu jeden Abend ein, zwei, drei, viele Gläser. Ich habe leere Flaschen dezent schon mal rausgebracht. Und da war mir eines Tages klar: Das läuft in die völlig falsche Richtung!
Aufhören möchte ich nicht nur für mich, sondern auch für meine Jungs. Ich selber habe sehr jung sehr viel getrunken weil alle -auch meine Eltern- in meinem Umfeld viel getrunken haben. Das hat es so verdammt einfach gemacht. Einerseits war Alkohol immer im Haus, also auch einfach zu beschaffen, andererseits waren meine Eltern mit ihren Freunden und ihrem eigenen Leben so beschäftigt, dass sie, glaube ich, gar nicht bemerkt haben, was los ist. Das möchte ich bei meinen Jungs unbedingt vermeiden. Um jeden Preis. 

Julia
Ich will mich spüren können, bei mir selbst sein. Nicht mich wegbeamen, um ja nichts fühlen zu müssen. Ich möchte fühlen und damit umgehen können. Weil Gefühle, auch negative, einfach zum Leben dazugehören. Und wenn ich nichts Trauriges fühlen kann, kann ich auch kein Glück mehr fühlen. Und das ist jetzt auch schon anders geworden, die Glücksmomente nehmen zu. Auch kleine Dinge, wie morgens einen Milchkaffee trinken – ohne das Gefühl zu haben, den Brand und die Kopfschmerzen besser mit drei Litern Wasser bekämpfen zu müssen – machen mich glücklich. Das will ich nicht mehr verlieren.


Mach weiter. Wo immer Du gerade stehst, mach weiter. Geh Deinen Weg. Wir sind alle bei Dir, gehen alle mit Dir, Tag für Tag, Schritt für Schritt.


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