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01.08.2020

Darum gerätst Du immer an den Falschen

Zu Alkoholzeiten hätte ich Stefan nicht gefunden. Und selbst wenn, ich hätte ihn nie als das erkannt, was er ist: mein Mann.

Das liegt in erster Linie daran, dass er extrem wenig trinkt. Gott, was hätte mich das gelangweilt. Trinken war immerhin meine liebste Freizeitbeschäftigung. Was hätte ich mit jemandem anfangen sollen, dem das nichts bedeutet?

Aber das ist nicht der einzige Grund. Viele Wesenszüge, die ich heute so an ihm mag, hätten mich damals provoziert. Seine innere Ruhe, sein Pragmatismus und seine Gelassenheit, zum Beispiel. Es hätte mich aufgeregt, wie cool er mit sich und dem Leben ist, wie systematisch er Probleme löst und wie wenig ihn aufwühlen kann. Es hätte mich aufgeregt, weil ich mich danach sehnte, diese Sehnsucht aber nicht mit der Person vereinbaren konnte, die ich war.

Die hatte der Alkohol über die Jahre hinweg verformt. Wobei „verformt“ gar nicht stark genug ist, um zu beschreiben, was er angerichtet hat. Deformiert trifft’s eher. Das Trinken hat aus mir jemanden gemacht, der ich nicht bin. Es hat mir Facetten angeklebt, die nicht zu mir gehören. Die traurigsten davon hießen Abgestumpftheit, Rastlosigkeit und Melancholie.

Alkohol machte aus mir eine Frau, die durch die Weltgeschichte hetzte und das mit Abenteuerlust verwechselte. Eine, die wilde Sexgeschichten hatte und das mit Neugier begründete. Eine, die an ihrem inneren Schmerz verzweifelte und das als Tiefgründigkeit labelte. Aber was nützten mir all diese schicken Labels, wenn mein Inneres schrie: Das ist doch nicht Dein Ernst!

Um genau diese Zerissenheit geht’s in meiner neuen Podcastfolge. Wobei meine Interviewpartnerin Maike noch einen anderen Weg gefunden hat, sie zu beschreiben:

Maike

Die Suche nach dem richtigen Partner ist eh schon schwierig genug. Warum sie noch schwieriger ist, wenn wir trinken, darüber rede ich mit @maikesee.


Klar, auf den ersten Blick erscheint es mit Alkohol einfacher, jemanden kennenzulernen. Bisschen mutiger, lockerer und hemmungsloser sind wir ja zweifelsohne nach ‘nem Drink.


Das Problem ist allerdings: Wenn wir zu denjenigen zählen, bei denen es auf Dauer nicht bei einem Drink bleibt, dann sind wir oft bei den Falschen mutig, locker und hemmungslos. Weil Alkohol dann mehr mir uns macht als uns hie und da mal die Hemmungen zu nehmen. Weil er uns dann grundlegend verändert. Maike hat für dieses Phänomen ein schönes Bild gefunden:


“Mir ist klargeworden, dass ich irgendwann zwei Personen geworden bin. Und ich hatte einen ganz krassen Kampf, die miteinander in Einklang zu bringen.”


Es ist genau dieser Spalt, der Alkohol in unsere Persönlichkeit treibt, der dazu führt, dass wir so viele unpassende Menschen in unser Leben ziehen, solange wir noch trinken. Und oft eben auch unpassende Partner*innen. Alkohol schleicht sich in unsere Substanz. Klammheimlich und so langsam, dass wir gar nicht mitbekommen, dass er es ist, der uns innerlich so zerreißt.


Es ist eines der schönsten Erlebnisse überhaupt, zu erkennen, dass wir eigentlich ganz sind. Dass der innere Widerspruch nicht Teil unseres Wesens ist. Oder wie Maike sagt:


“Ohne Alkohol fällt diese eine Person einfach weg. Die gibt’s nicht mehr. Und ich kann einfach ich sein. Das ist großartig. Das ist das, was ich immer wollte, aber nie erreichen konnte.”

Natürlich kannst Du auch alkoholisiert einen Glückstreffer landen. Ich für meinen Teil bin mir allerdings ziemlich sicher, dass mir das in diesem Zustand auf ewig verwehrt geblieben wäre. Schlichtweg deshalb, weil mein Beuteschema überhaupt nicht zu meinem wahren Wesen passte.

Ich fühlte mich damals zu denen hingezogen, die weiter, immer weiter wollten. Fühlte mich verstanden von den Unzufriedenen, die haderten mit dieser Welt. Verliebte mich andauernd in Männer, die ebenfalls auf der Suche waren. Nicht nach einer Partnerin, aber nach dem Sinn und ihrem Weg. Und jedes Mal fragte ich mich, warum zur Hölle immer alles so kompliziert ist. Warum es nie so richtig passt.

Abstinenz ist keine Garantie dafür, den richtigen Menschen für unser Leben zu finden. Aber sie ist zumindest eine gute Ausgangslage, um ihm zu begegnen, ihn als solchen zu erkennen und ihm dann ohne beknackte Spielchen zeigen zu können, dass er’s ist.

Hier geht’s zur neuen Podcastfolge.


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