Letzte Woche am Mittwochmorgen hatte ich Weinkrämpfe, die mir kurzzeitig die Luft raubten.
Bei uns ist gerade viel los, die letzten Wochen empfand ich als unglaublich anstrengend. Seit ein paar Tagen wachte ich nachts auf und konnte nicht mehr einschlafen. Und jetzt hatte ich auch noch Angst. Wie in Trance packte ich meiner Tochter ihre Brotzeitbox und brachte meinen Sohn in den Kindergarten. Er wollte mich nicht gehen lassen. Er spürte, wie aufgewühlt ich war. Das war so offensichtlich, dass sogar die Kindergärtnerin fragte, ob mit mir alles ok sei.
Nein, nicht an diesem Morgen. Nicht bei dieser Grundverfassung, auf die nun diese Eilmeldungen einschossen.
Ich lief nach Hause und versuchte, mich auf die Bäume zu konzentrieren, aufs Sonnenlicht, auf die Schönheit dieser Welt, die mir so viel bedeutet. Aber die Sorge um sie schob sich immer wieder in den Vordergrund. Also versuchte ich zu atmen. Vier Schläge ein, vier Schläge Pause, vier Schläge aus, vier Schläge Pause. Vier Schläge ein, vier Schläge Pause, vier Schläge aus, vier Schläge Pause.
Es half etwas. Aber mehr auch nicht.
Mittlerweile kenne ich mich so gut, dass ich weiß: In diesem Stadium hilft mir nur noch Sport oder Kontakt zu Menschen, die ich liebe. Stefan betrachtete mir die politische Lage zu dem Zeitpunkt allerdings deutlich zu pragmatisch und meine Mutter wollte ich mit den Szenarien in meinem Kopf nicht mit runterziehen. Also nahm ich mein Handy, ging in die WhatsApp-Gruppe mit Mia und Mika und weinte mir alles von der Seele. Mein Unverständnis, meine Trauer, meine Wut.
Ein paar Minuten später rief Mika an, sprach mit mir, hörte mir zu, holte mich zurück. Als wir auflegten, sah ich eine Antwort von Mia in unserem Chat. Ihre Worte machten mir Hoffnung. Dann stieg ich aufs Rad und fuhr zum CrossFit. Danach aß ich zu Mittag, arbeitete ein paar Stunden, umarmte Stefan, ging in die Sonne und rief meinen Bruder an. Am Abend führte ich meine Tochter in ihr Lieblingsrestaurant aus, während Stefan mit meinem Kleinen beim Kinderturnen war.
Die Nachrichten checkte ich erstmal nicht mehr. Ich konzentrierte mich auf die Dinge, auf die ich Einfluss habe und die mich stabilisieren. Auf die Menschen, die mir etwas bedeuten. Ich konzentrierte mich auf meine Routinen, setzte einen Schritt vor den anderen. Das hat mir in meiner Abstinenz geholfen, es hilft mir noch heute, wenn ich mich überfordert fühle.
Schritt für Schritt, Tag für Tag. Ich bin nicht allein und ich kann das schaffen. Genau wie Du. Was es auch ist, wir können es schaffen.
Falls Dir eine Umarmung helfen sollte, ich lese am 19.11. um 18:30 Uhr in Saarlouis im Theater am Ring (Studio) ein letztes Mal aus meinem ersten Buch „Ohne Alkohol: Die beste Entscheidung meines Lebens“. Also zumindest ein letztes Mal, bevor mein neues Buch erscheint. Einlass ist ab 18 Uhr, der Eintritt ist kostenlos und ich umarme ausgesprochen gern. 🙂
Zudem möchte ich Dir fürs Wochenende einen Vortrag der beiden Medienwissenschaftlerinnen Prof. Eva Baumann und Dr. Anna Freytag empfehlen. Darin zeigen sie, wie die Kommunikation hierzulande aussieht, wenn es um Alkohol, Alkoholprobleme und Abstinenz geht. Zum Vortrag bitte hier entlang.