25.09.2023

Franziska: „Das war’s mit uns!“

Mit dem Trinken aufzuhören kann sich so anfühlen wie Schlussmachen. Also so ähnlich wie es sich anfühlt, eine Beziehung zu beenden. Eine, die im wahrsten Sinne des Wortes toxisch ist. Meine Programmteilnehmerin Franziska hat diese Analogie in einem Abschiedsbrief an den Alkohol gut auf den Punkt gebracht. Und da sie zudem total unterhaltsam schreibt, freue ich mich riesig, dass ich ihren Brief heute mit Dir teilen darf:


Franziska

An meinen Ex-Freund

Rund 20 Jahre waren wir ein Paar, zuletzt dann ja eher in einer On-Off-Beziehung. Du hast wirklich alles versucht, Dich wie ein Chamäleon an mein Leben anzupassen. Ich habe mich anfangs echt wohl gefühlt, wenn Du nach einem langen, harten Arbeitstag auf mich gewartet oder mich abends dafür gelobt hast, dass ich den ganzen Tag nur einmal gegessen habe, um dünn zu bleiben. Du hast mir dann versprochen, dass ich die ganzen dummen Typen vor Dir vergessen werde, die mich verletzt zurückgelassen haben. Und ich würde so sexy wie die Insta-Ladies mit Wahnsinnsbody werden, mit denen Du auch schon glücklich vor der Kamera posiert hast. Du hast mir ausgemalt, wie wir im Winter gemeinsam ganz cozy auf dem Schaffell vor dem Kamin liegen, so wie es schöne, reiche und glückliche Menschen tun. So wollte ich unbedingt sein, mit Dir wollte ich dahin.

Aber das passierte dann alles irgendwie nicht. Ich hatte überhaupt kein gutes Gefühl mehr bei uns. Du hast mir eigentlich am Anfang auch gar nicht so gefallen: Meine Oma hat uns unbedacht verkuppelt, als sie Dich mal mitbrachte, um ihrer studierenden Enkelin eine Freude zu machen. Ja, so hat sich unsere Beziehung schrittweise vertieft. Aber sie ist dann immer mehr zur Gewohnheit verkommen. Besser gesagt: zu einer schrecklichen Angewohnheit. Ich habe enttäuscht erkennen müssen, dass Du mir meine Energie ausgesaugt hast. Meine Kreativität und meine natürlichen Talente hast Du mir genommen, obwohl Du vorher meintest, mit Dir würde sich das alles noch optimieren. Reich, schön und sexy hast Du mich auch nicht gemacht. Trotz Sport wurde meine Haut schlaff und trocken. Mein Bauch war auch immer so aufgebläht. Auch warst Du nachts sehr unruhig und mir fehlte mein Schlaf. Ich fand es auch nicht so gut, dass ich immer zahlen musste. Auf meine Finanzen hat sich das nicht positiv ausgewirkt. Ständig war ich damit beschäftigt, meine Fassade aufrechtzuerhalten, damit keiner sieht, was für eine unglückliche Beziehung wir führen. Viele Freunde habe ich verloren, denn Du warst ja sehr besitzergreifend. Aber Du meintest, die nutzten mich alle eh nur aus, Du seist der Einzige, der zu mir hält.

Sorry, aber das geht so nicht. Und ich habe jetzt doch tatsächlich festgestellt, dass ich ohne Dich glücklich bin. Das Schwierigste war einfach, es zu versuchen. Mich loszureißen! Denn wenn ich an uns gezweifelt habe, meintest Du immer, ich sei schrecklich undankbar und solle gefälligst daran denken, was Du alles für mich getan hast und was für tolle gemeinsame Momente wir hatten. Ich glaube jetzt, Du wolltest mich kleinhalten. Ich habe mich weitergebildet und Du leider nicht. Von wegen, Du bist “weltoffen und an Kunst und Kultur interessiert.” Ich sehe jetzt auch viel toller aus. Ich wusste gar nicht, dass mein Gesicht so schöne Konturen hat und ich eine Taille habe. Aber das ist ja echt auch kein Wunder – Du wolltest immer, dass wir beim Bäcker salzige Pizzataschen und fettige Käselaugenstangen frühstücken gehen.

Ich bin unserer Beziehung einfach entwachsen. Ich werde jetzt in meinem Flow leben und nicht mehr im Drama. Ich habe erkannt, dass ich einfach zu gut und zu groß für Dich bin. Reich und schön bin ich nämlich schon – und zwar in meiner Seele. Das werde ich noch weiter entwickeln und da habe ich jetzt total Bock drauf. Daher sage ich Dir jetzt voller Stolz und Mut: “Sorry, aber das war’s jetzt wirklich mit uns!“


In der aktuellen Folge meiner YouTube-Serie „Gesichter hinter der Sucht“ spricht Ramona über den Teufelskreis, in den sie durch den Alkohol geriet. Warum sie immer weitertrank, obwohl sie schon lange nicht mehr trinken wollte – und wie sie es schlussendlich rausgeschafft hat aus der Sucht. Zum Video geht’s hier entlang.

Außerdem gibt es eine schöne neue SPIEGEL TV-Reportage, in der Mimi Fiedler, meine Mitarbeiterin Jenny Guttmann und ich über uns und unseren Weg aus der Sucht sprechen. Wenn Du sie dir anschauen möchtest, bitte hier entlang.


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