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27.03.2023

Blaumann oder Rotwein?

Falls Du noch trinkst und Dir nicht so richtig erklären kannst, woran das liegt: Ich möchte Dir heute eine Denkanregung geben, mit der Du Deine innere Haltung ergründen kannst. Also den Blickwinkel auf Dein Alkoholproblem. Was jetzt kommt, sind also keine absoluten Wahrheiten, sondern zwei Kategorien, die Dir dabei helfen können, aus der Sackgasse zu finden. Hierzu stelle ich Dir folgende Frage:

Ist Dein Alkoholproblem ein Blaumannproblem
oder ein Rotweinproblem?

Rotweinprobleme sind jene, über die man gern spricht, und vor allem gern jammert. Bei denen man einfach mal gesehen und gehört werden möchte. Was kurzfristig entlasten kann, langfristig aber natürlich nichts ändert. Rotweinprobleme zeichnen sich oft dadurch aus, dass wir die Verantwortung fürs Problem woanders suchen als bei uns. Beim schrecklichen Chef, dem stressigen Tag, der schrecklichen Welt, dem Buchclub, in dem man trinken muss, um dazuzugehören. Beim Partner, der einen so auf die Palme bringt, dass man trinken muss. Ohne ihn würde man das schaffen mit dem Nüchternsein, aber solange er sich so verhält? Nein.

Wenn Dein Alkoholproblem ein Rotweinproblem ist, dann erscheint es Dir oft so, als hättest Du gar keine andere Wahl als zu trinken. Zumindest, solange die Situation ist, wie sie ist. Deine innere Haltung ist also folgende: andere sind Schuld, dass Du trinkst. Andere Personen oder eben „die Umstände“. Und auch hier gilt: Kurzfristig mag das entlasten, aber langfristig führt das dazu, dass sich nichts ändert. Dass du hilflos bleibst, passiv und gelähmt. Solange Du mit Deinem Alkoholproblem umgehst wie mit einem Rotweinproblem, solange Du also den Grund und die Verantwortung für Deinen Konsum von dir wegschiebst, solange bleibst Du auch beim Rotwein.

Blaumannprobleme hingegen sind jene, bei denen man bereit ist, Hand anzulegen und sie zu lösen. Hier bist Du in einer völlig anderen Position: nämlich in der aktiven, in der Macher:innen-Position. Hier schiebst Du die Verantwortung nicht von Dir weg, sondern übernimmst sie. Klar, auch hier hast Du einen schrecklichen Chef und gehst zum Buchclub, in dem alle trinken. Aber Dein Blick auf diese Faktoren ist ein konstruktiver. Beim Blaumannproblem machst Du Dir bewusst, dass diese Dinge eben nur in Deinem Kopf DER Grund für deinen Konsum sind, eine Ausrede. Beim Blaumannproblem erkennst Du an, dass diese Dinge nicht besser werden, indem du trinkst. Sondern, dass sie erst besser werden, wenn Du ins Machen kommst. Hier ist deine innere Haltung nicht, andere sind Schuld, sondern: Ich hab es in der Hand. Das heißt nicht, dass Dein Chef plötzlich toll ist. Es heißt aber, dass Du Möglichkeiten hast, anders damit umzugehen. Es heißt, dass Du Dir die Chance gibst zu erkennen, wie mächtig und fähig du bist, Dinge zu verändern und Einfluss zu nehmen.

Beim Rotweinproblem fragst Du Dich unbewusst: Wer oder was hat Schuld, dass ich trinke? Beim Blaumannproblem fragst Du Dich bewusst: Was kann ich verändern, damit ich nicht mehr trinke? Den Blaumann überschmeißen bedeutet also im ersten Schritt, Verantwortung für Dich zu übernehmen. Anzuerkennen, dass Du es in der Hand hast. Und im zweiten Schritt könnte es bedeuten, Dir zur Entspannung anzugewöhnen zum Sport zu gehen, üben, ‚nein‘ zu sagen oder Dir mit Deinen Beziehungsproblemen Hilfe zu suchen. Es bedeutet, Dein Leben in die Hand zu nehmen und Schritt für Schritt anzufangen, es in eine bessere Richtung zu lenken. Es bedeutet, zu machen und dadurch nach und nach zu erkennen, wie viel Kraft und Stärke und Schönheit in dir steckt.

Du bist nicht passiv, Du bist nicht machtlos, bist nicht ohnmächtig. Du bist nicht darauf angewiesen, dass andere sich verändern, DU hast alles, was Du brauchst, um loszulegen, um nüchtern zu werden – und es zu bleiben.


In meiner aktuellen YouTube-Folge „Gesichter hinter der Sucht“ ist diesmal Sarah zu Gast. Schau Dir das Video unbedingt bis zum Ende an, es ist mega. Hier geht’s lang.


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