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23.01.2023

Klaus: „Wie ein Erlebnisgutschein“

Egal, ob Du gerade frisch nüchtern geworden bist oder schon länger abstinent lebst, eine der wertvollsten Erkenntnisse ist und bleibt diese: Du bist nicht allein. Wo Du auch stehst mit Deiner Abstinenz – es gibt immer jemanden, dem es gerade genauso geht.

Und weil es so hilft, sich das zu verdeutlichen, veröffentliche ich in meinem Newsletter regelmäßig Erfahrungsberichte von Menschen, die es geschafft haben, nüchtern zu werden und zu bleiben.

Mein Programmteilnehmer Klaus hat mir eine schöne Mail dazu geschickt, die ich heute mit Dir teilen darf::


Warum lohnt es sich, nüchtern zu sein?

Klaus

200 Tage Freiheit! Was für eine spannende Reise zu mir selbst. Und ich bin mir sicher, dass ich da noch nicht am Ende bin. Ich bin neugierig, was noch alles passiert.

Nach meiner anfänglichen Euphorie über meine Abstinenz verläuft alles in ruhigeren Bahnen, ist aber nicht weniger aufregend. Ich freue mich manchmal wie ein kleines Kind über neue Erkenntnisse – manchmal auch schmerzhafte oder hochemotionale – und über Erlebnisse, die durch meine veränderte Persönlichkeit erst möglich sind.

Eine gute Idee wäre, Nüchternheit wie so eine Art Erlebnisgutschein zu vermarkten. Im Vergleich zur Nüchternheit ist so ein Fallschirmsprung wirklich kompletter Dreck. Die für mich wichtigste Veränderung ist, dass ich zu meinen beiden Töchtern eine elementar bessere und innigere Beziehung habe und das auch genieße. Dass ich mehr an ihrem Leben teilhaben darf und sie mich als Vater wieder respektieren. Dafür bin ich sehr, sehr dankbar.

Mein Wesen hat sich ebenfalls deutlich verändert. Ich habe eine Grundgelassenheit, bin meist gechillt, auch mit einer – wenn es sein muss – Engelsgeduld, gehe offener auf andere Personen zu und freue mich sehr an neuen Bekanntschaften mit interessanten Menschen. Aber: Wenn ich das Gefühl habe, manipuliert, gedrängt oder sogar benutzt zu werden, habe ich eine ganz kurze Zündschnur. Was für mich ok ist, da ich es mir erlaube, klaren Kopfes für mich einzustehen. So kann ich Situationen vermeiden, die mir nicht gut tun oder mich sogar triggern. Das ist mir aber auch erst im Laufe der Zeit bewusst geworden, denn all das setzt sich wie ein Puzzle erst jetzt langsam zusammen.

Ein sehr nützlicher Effekt meiner Nüchternheit: Meiner selbstständigen Berufstätigkeit, die gleichzeitig meine ganz große und älteste Leidenschaft ist, gehe ich sehr fokussiert und effektiv mit großem Spaß nach – und erlaube mir manchmal auch, rein gar nix zu machen. Ich habe meine kindliche Neugier, meine Experimentierfreudigkeit und Albernheit wieder. Auch genieße ich meine neugewonnene Freude an körperlicher Betätigung; bei Tag 100 war ich mitten auf dem Camino Frances. Wandern ist ja sowas von geil!

Geblieben sind die gelegentlichen Selbstzweifel – mich selbst in Frage stellen, auch meine Wirkung auf andere Menschen zu hinterfragen und so Zeug. Könnte ich auch gut drauf verzichten, aber ich lerne, damit eben klar kommen. Auch so eine Erkenntnis: Ich bin sooooooo viel emotionaler, als ich selber dachte bzw. mir zugestanden habe. Ob das jetzt toll ist, weiß ich noch nicht. Diese starken Kontraste und Emotionen in mir haben sicherlich erheblichen Anteil an meinem ehemaligen Alkoholkonsum. Heulen bei Titanic, oder noch schlimmer bei Sissi – aber dann wieder so derb harte Musik hören, dass alles zu spät ist. Ich sehe extreme Exzesse bei vielem, was ich gemacht habe… diese fürchterliche Getriebenheit und Gier auf was weiß ich nicht alles. Aber es wird spürbar besser und mittlerweile bin ich zu mir gnädiger und fürsorglicher.

Ich lese wieder Bücher! Also keine Fachbücher, sondern auch wirklich Belletristik und kann wunderbar mit mir selber Zeit verbringen – auch einfach nur “verplempern” – und bin dabei zutiefst zufrieden. Und so nebenbei, fiel mir gerade ein: Auch mit Hilfe meiner Nüchternheit habe ich dieses Jahr 25 Kilo abgenommen und kann sie halten. Also noch ein weiterer Bonus.

Ich sehe mich selber noch als Sober-Baby. Im Verhältnis zu meiner Alkohol-Karriere, die mit 14 Jahren begann, sind 200 Tage nur ein Hauch. Daher möchte ich wachsam sein und bleiben. Und für alle, die noch mehr Sober-Baby sind als ich: bleibt dran! Geiler als nüchtern sein geht nicht!


Falls Du Dich jetzt fragst, wie es die Alkoholindustrie geschafft hat, ein zerstörerisches, abhängig machendes Gift als „Lebensgefühl“, „Freiheit“ und „Spaß“ zu vermarkten, dann schau unbedingt mal auf meinem YouTube-Kanal vorbei. Die ersten beiden Teile meiner Serie „Was die Alkohollobby von der Tabaklobby gelernt hat“ sind erschienen und ich hoffe, dass Du daraus einige spannende Erkenntnisse mitnehmen kannst. Zu Teil 1 geht’s hier lang.

Und: Heute um 22:15 Uhr bin ich in der Fernsehsendung „hart aber fair“ im Ersten zu sehen. Zu Gast ist unter anderem auch Bundesgesundheitsminister Lauterbach, und wir werden dort live zum Thema „Saufen normal, kiffen bald legal: Ist Deutschland auf dem falschen Trip?“ diskutieren. Wird bestimmt spannend. Falls Du um diese Zeit noch wach bist, schau doch mal rein. 🙂


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