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05.12.2022

Florian: „Mein Weihnachts-Outing“

Solltest Du gerade frisch mit dem Trinken aufgehört haben, dann kann es sein, dass Dich der Gedanke an Weihnachten voll stresst. Dass Du hin- und herüberlegst: Was sag ich denn, wenn meine Familie mit mir anstoßen will?

So ging’s auch meinem Programmteilnehmer Florian. Und um Diskussionen an Weihnachten zu vermeiden, hat er einen Brief an seine Familie geschrieben. Ich freue mich total, dass ich Auszüge davon heute mit Dir teilen darf.


Florian

Hallo ihr Lieben!

In ein paar Wochen findet unser traditionelles Weihnachtsessen statt. Sowohl meine Mädels als auch ich freuen uns schon darauf, ich möchte euch im Vorfeld aber noch etwas mitteilen.

Ich werde dieses Jahr an Weihnachten keinen Alkohol trinken. Und auch sonst nicht mehr. Ihr kennt mein Konsumverhalten aus der Vergangenheit – ich war immer dabei, wenn es darum ging, noch ein Gläsle Wein zu trinken oder noch nen Kurzen. Und sobald mein Glas leer war, wollte ich wieder ein volles. Das hat sich aber nicht auf Feste und sonstige Events beschränkt, es war die Regel. Und es wurde zum Mittel, um nach Feierabend runterzukommen.

Mein zu hoher und zu häufiger Konsum war mir schon lange bewusst, ich habe ihn aber immer gerechtfertigt. Einerseits mit meiner schwierigen Vergangenheit, andererseits mit meinem schon immer ausgeprägten Hang, bei Stress und Sorgen entspannen zu wollen. Das ging jetzt gut 25 Jahre so.

Anfang 2022 habe ich es fast drei Monate geschafft, auf Alkohol zu verzichten. In einer akuten Stresssituation bin ich dann aber in mein altes Verhalten zurückgefallen – und am nächsten Tag ging es weiter wie vor diesen drei Monaten. Manchmal auch heimlich. Am 17. September hat mich meine Frau dann mit etwas Hochprozentigem erwischt. Sie hat mir gesagt, dass sie sich schon lange Sorgen um mich macht und weiß, was los ist.

Das war der auslösende Moment, in dem ich nicht nur wusste, dass es so nicht mehr weiter gehen kann, sondern auch etwas tun wollte, um mein Leben grundlegend zu ändern, den Alkohol hinter mir zu lassen und der Verantwortung für meine Familie gerecht zu werden. Von der Illusion des “kontrollierten Trinkens” habe ich mich verabschiedet. Seit dem 18. September habe ich nicht mehr getrunken. Auch wenn es nicht immer einfach war – und natürlich nicht alle Probleme und Sorgen im Leben verschwinden, nur weil man nicht mehr trinkt – geht es mir deutlich besser als früher.

Morgens aufzuwachen mit klarem Kopf, ausgeschlafen und ohne Kater ist einfach der Hammer. Ich hab das so lange nicht mehr erlebt. Ich kann viel besser mit meiner Tochter umgehen und auf sie eingehen. Vorbei die Zeiten, als sie frühmorgens ins Zimmer tapste und ich dachte: “Oh Gott, Kind, schlaf bitte noch’n bissle, Papa ist noch net fit.“ Vorbei diese ständige innere Anspannung, dieses ständige Hetzen nach Zeiten der Ruhe, die in Wirklichkeit nur Zeitfenster zum Konsumieren waren. Vorbei das heimliche Einkaufen, Verstecken, Trinken von Alkohol und das unauffällige Entsorgen der leeren Flaschen. Vorbei die Show, die ich meinen Mitarbeitern gegenüber abziehen musste; die Sorge, dass jemand morgens merkt, was mit mir los ist; das angeknackste Selbstwertgefühl, die eingeschränkten sozialen Kompetenzen, das Sich-selbst-klein-machen und unzulänglich fühlen. Das hat sich alles zum Besseren verändert. Ich bin viel offener, gelassener, zugänglicher und freundlicher geworden.

Für euch mag das jetzt alles ziemlich heftig klingen, und das war es lange auch. Es gab einige Phasen in meinem Leben, in denen nicht viel gefehlt hätte, um komplett abzustürzen. Umso dankbarer bin ich, heute da sein zu dürfen, wo ich jetzt bin. Die Entscheidung für das OAmN-Programm und die Abstinenz waren eine der besten, wahrscheinlich die beste Entscheidung meines Lebens. Ich will nie mehr zu den früheren, selbstzerstörischen Zeiten zurück. Ich werde meinen neuen, gesunden Weg weiter gehen, weil er sich endlich richtig anfühlt.

Natürlich versteht es sich angesichts meiner Ausführungen von selbst, dass mir niemand mehr ein Glas Alkohol anbieten und mich fragen braucht, ob „nur ein kleines“ nicht doch geht. Und ich weiß, dass jeder Einzelne von euch sensibel genug ist, das nicht zu tun.

Vielen Dank, dass ihr mir hier zugehört habt.
Ich freue mich auf unsere Weihnachtsfeier und unser Wiedersehen.

Euer Florian


Verbindlichkeit und Offenheit helfen sehr dabei, die Feiertage nüchtern zu überstehen. Wenn Du noch mehr Tipps für Weihnachten brauchst, dann schau Dir gern mal dieses Video an.

Du brauchst Dich nicht zu rechtfertigen, wenn Du nicht trinkst. Du musst auch nicht mit zum Weihnachtsmarkt, wenn Du jetzt schon weißt, dass Dir das nicht gut tut. Du darfst es Dir auch einfach mit einem guten Buch auf dem Sofa gemütlich machen. Das ist ok.

Und wenn Du zudem Lust hast, etwas Gutes zu tun: Bis zum vierten Advent läuft die OAmN-Spendenaktion für Kinder aus suchtbelasteten Familien. Alle Infos dazu findest Du hier.


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