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03.09.2021

Ruhe für Kopf und Seele

Ich war offline.

Zwei Wochen lang ohne Laptop, ohne Handy, ohne WhatsApp-YouTube-Facebook-Instagram. Monatelang hatte ich das vorbereitet. Zunächst, weil ich dachte, dass es mir mal ganz gut tun würde. Zuletzt, weil ich wusste, dass es an der Zeit war. Und zwar dringend.

Ich brauchte Ruhe.

Schon seit Wochen schrieb ich das in mein Tagebuch: “Ich brauche Ruhe.” Wieder und wieder. Es stand da jeden Morgen, aber so richtig geglaubt habe ich’s mir trotzdem nicht. Warum denn Ruhe? Ich meditiere doch, mache Sport, achte darauf, genügend Schlaf zu bekommen. Ich hab mir angewöhnt, nachmittags nicht mehr aufs Handy zu achten und am Wochenende hin und wieder einen Tag frei zu machen. Und davon mal abgesehen: Macht doch alles voll viel Spaß. Sinnvolle, erfüllende Arbeit und ein tolles Team. Ein Thema, das mich interessiert, großartige Aussichten und Entwicklungspotenzial, wo ich nur hinschaue. Wieso sollte ich denn Ruhe brauchen? Wieso sollte ich abschalten von einem Alltag, der mir gefällt?

Weil Kopf und Seele das brauchen.

Ich wusste das. Ich wusste es. Also erledigte ich den letzten Punkt auf meiner To-do-Liste, schaltete meine Geräte aus und nahm das Tempo aus meinem Leben. Die News-Ticker tickerten ohne mich, die roten Herzen blinkten nun in gelöschten Apps, Kommentare und Mails liefen in die Warteschleife. Ich fühlte mich unruhig und ruhig zugleich und ging erstmal wandern. Allein. Die Kinder waren da noch den letzten Tag in der Kita. Stefan sagte ich, ich bräuchte jetzt mal dringend ein paar Stunden für mich – was bei Stefan Gott sei Dank nie ein Problem ist. Ich fuhr los zur Eggstätter Seenplatte. Blumenwiesen, Wald, Wasser. Stille. Nun gab es also mal nichts zu entscheiden, nichts zu schreiben, nichts zu beantworten, nichts zu erledigen oder zu tun. Ich konnte einfach loslaufen.

Und fing erstmal an zu weinen.

So richtig weiß ich bis jetzt nicht, warum. Wahrscheinlich, weil eine Menge Druck von mir abfiel. Wahrscheinlich, weil ich einfach mal Raum hatte, um mich fallen zu lassen. Um loszulassen. Ich lief und weinte. Ich war nicht traurig. Ich war eher erleichtert. Es tat einfach gut. Und es tat auch einfach gut, es gar nicht hinterfragen zu müssen. Ich weinte, bis ich nicht mehr weinte. Ich lief und schaute die Bäume an. Lief und dachte nichts. Dachte an vieles, ließ die Gedanken ziehen.

War einfach da.

Und fing langsam an, mich auf das zu freuen, was uns bevorstand: Eine Reise zu meinen Eltern nach Wuppertal. Wir machten Familienurlaub. Und mir war natürlich klar, was das mit Kindern im Alter von eins und drei bedeutet: Das Gegenteil von Ruhe. Ich spreche von Nächten, in denen wir fünf Mal aufstehen. Von kindlichen Nervenzusammenbrüchen, wenn wir unseren völlig übermüdeten kleinen Jungen vom Spielplatz tragen, damit er endlich seinen Mittagsschlaf machen kann. Von blonden Locken, die langsam zu Dreadlocks mutieren, weil meine Tochter sich nicht mehr die Haare kämmen lässt. Von Dauerschleifesätzen à la “Nein, in die Steckdose darfst du nicht fassen. Nein, die Kristallvase ist nicht für eure Kinderküche. Nein, wir essen nicht noch ein drittes Eis. Nein, laut rülpsen ist nicht lustig, auch wenn ich immer lachen muss.”

Ruhe gab’s also kaum.

Aber die Momente, in denen meine Eltern sich um die Kleinen kümmerten, verbrachte ich eben nicht am Handy, sondern mit geschlossenen Augen auf dem Sofa. Oder im Arm meines Mannes. Oder vor meinem Tagebuch. Es ist enorm, wie erholsam solche kurzen Phasen sein können, wenn wir sie wirklich für Erholung nutzen. Für den Rest der Zeit hatte ich mir schon vor dem Urlaub vorgenommen, Fünfe häufiger mal gerade sein zu lassen. Und vor allem hatte ich mir vorgenommen, mal wieder zu spielen. Dinge zu tun, die keinem Zweck dienen. Die nicht darauf ausgerichtet sind, etwas abzuhaken oder zu erledigen. Die nicht dazu führen, schlauer oder besser in irgendwas zu werden. Dinge wie puzzeln, mit Kreide Kästchen auf die Straße malen und drüberhüpfen, schaukeln, Federball spielen, Sandburgen bauen, Ziegen füttern, Trampolin springen, mit Wasserfarben malen, Blätter sammeln und trocknen, Waffeln backen, Räder schlagen und Handstände machen, meine Kinder in die Luft werfen und ihnen beim Lachen zuhören. Mich zu ihnen setzen und Teil ihrer Fantasiewelt werden. Als Einhorn durch Himbeerwolken reiten. Als Prinzessin Ballett tanzen. Steine sortieren, imaginäre Tiere füttern und mich über vorbeifahrende Autos freuen.

Abschalten. Mal woanders sein.

Es war so schön. Es tat so gut, zu spielen. Ich hatte vergessen, wie gut es tut. Ich werde mir das beibehalten. Und nun freue ich mich riesig darauf, mit OAmN weiterzumachen. Ich bin zurück, mit vollem Herzen und Lächeln auf den Lippen.

Fühl Dich fest umarmt. Und wenn es sich heute ergibt, nimm Dir doch auch mal zehn Minuten Zeit, um etwas zu tun, das Dich glücklich macht.


Übrigens: In der aktuellen OAmN-Podcastfolge spreche ich mit Mimi Fiedler. Vielleicht kennst Du sie vom „Tatort“, da hat sie nämlich lange mitgespielt. Damals war sie noch alkoholabhängig. Bis zu dem Moment, an dem es bei ihr endlich „klick“ gemacht hat. An dem sie einfach wusste: Ich werde nie wieder trinken. Wenn Du Lust hast, Dir unser Gespräch anzuhören, dann bitte hier entlang.


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