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10.04.2021

Vom Rückfall geträumt – und jetzt?


Meinen letzten Rückfalltraum hatte ich in der Nacht vom 14. auf den 15. April 2020. Das ist also gerade mal ein Jahr her. Aber es war genau so wie zu Beginn meiner Abstinenz. Ich bin aufgewacht und war deprimiert. Weil der Traum so real war. Weil er mir diese ganzen beschissenen Gefühle von jetzt auf gleich wieder in mein Leben spülte. Weil mir diese ganze Alkoholhölle plötzlich wieder so nah erschien.

Zu der Zeit tauchte das Thema Rückfallträume in meiner OAmN-Facebookgruppe immer wieder auf – oft in Kombination mit der Frage: Muss ich mir jetzt Sorgen machen? Ich war mir nach diesem letzten Rückfalltraum sicher: Nein. Deshalb habe ich dort damals Folgendes gepostet:

Will nur noch weg,
verschwinden, mich auflösen

Ich habe heute Nacht geträumt, dass ich auf einem Kongress bin, um über ein Leben ohne Alkohol zu sprechen. In einem schicken Hotel in den Alpen, ohne meine Familie. Am Abend trinke ich ein Glas Wein – aus Gründen, an die ich mich nicht erinnere. Es werden gefühlte 120. Ich schieße mich dermaßen ab, dass ich meinen Ex-Freund anrufe und ihn bitte, ins Hotel zu kommen. Innerhalb von Minuten ist er da und wir landen im Bett. Am nächsten Tag wache ich auf und blicke als erstes in sein strahlendes Gesicht. Er denkt, dass wir jetzt wieder zusammen sind und ich meine Familie für ihn verlasse.

Ich kann seine Nähe nicht eine Sekunde lang ertragen, aber aus dem Zimmer gehen will ich auch nicht. Bestimmt haben alle mitbekommen, was passiert ist. Ich sperre mich im Badezimmer ein, putze mir die Zähne, schleiche mich aus dem Zimmer und flüchte in die Berge. Ständig muss ich Pausen einlegen, weil mir so schlecht ist und mein Kreislauf versagt. Auf meinem Handy häufen sich die Nachrichten von Stefan. Ich traue mich nicht zu antworten. Mein schlechtes Gewissen bringt mich um.

Dann fällt mir ein, dass meine Tochter mit meinem Ex-Freund im Zimmer ist (keiner hat gesagt, dass Träume logisch sind). Ich renne zurück – so gut das geht –, trete ein und frage: Und, wie geht es Euch? Schweigen. Nicht gut. Meine Tochter hat rot unterlaufene Augen, vom vielen Weinen. Sie spürt, dass nichts mehr so sein würde wie zuvor. Mein schönes, schönes Leben, das ich mir in den letzten Jahren aufgebaut habe, es ist dahin. Mein Traum von Familie, meine Integrität, meine Authentizität – weg. Ich hasse mich, will nur noch weg, verschwinden, mich auflösen.

Ihr Lieben, ich weiß (noch) nicht, was diese Träume genau bedeuten. Ich bin allerdings weiter davon entfernt wieder zu trinken als ohnehin schon. Je mehr ich über Alkohol lese, erfahre und recherchiere, desto mehr widert es mich an. Ich bin so unendlich dankbar, dass ich mich nicht mehr so fühlen muss wie in diesem Traum – und so fühlte ich mich mehrmals pro Woche. Gott, ich bin so dankbar, nüchtern zu sein.


Für meinen YouTube-Kanal habe ich nun mit jemandem geredet, der sich auskennt und der endlich mal etwas Licht ins Dunkel bringt. Was hat es zu bedeuten, wenn wir vom Trinken träumen? Und: Müssen wir uns Sorgen machen, wenn das passiert? Prof. Michael Klein ist Psychotherapeut und Professor für angewandte Suchtforschung an der Katholischen Hochschule in Köln. Für seine Antworten bitte hier entlang.




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