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27.03.2021

Daniela: Getrunken, statt Zeit mit meinem kleinen Bruder zu verbringen

Heute möchte ich ein Feedback mit Dir teilen, das mir eine Teilnehmerin meines 30-Tage-Programms geschrieben hat. Sie heißt Daniela und ich glaube, dass Du viel aus ihrer Geschichte mitnehmen kannst – mal ganz davon abgesehen, dass sie super schreibt.

Ich glaube daran,
dass ich ohne Alkohol endlich anfange zu leben

Ich bin 34 Jahre alt und habe seit rund 15 Jahren getrunken, die letzten zehn Jahre davon täglich. Als Studentin habe ich mir mal im Suff den Fuß gebrochen und musste im Hochsommer wochenlang mit Krücken und Gips zur Uni humpeln – auf dem Heimweg hatte ich dann in meinem Rucksack neben meinen Uni-Unterlagen aber auch oft eine Flasche Wein im Schlepptau… Im Gerichtsjahr (das ist bei uns in Österreich das Praxisjahr bei Gericht nach dem Jus-Studium) habe ich mich einmal alleine so betrunken, dass ich in meiner Wohnung gestürzt und in meinen gläsernen Wohnzimmertisch gefallen bin – ich habe heute noch zwei kleine Narben, die mich an diesen Sturz erinnern. Mit meiner Berufsanwärterzeit hat dann erinnerlich mein konstanter, täglicher Alkoholkonsum begonnen.

Eine Flasche Weißwein war der absolute Minimumkonsum (m)eines Abends. Hatte ich tagsüber mehr gegessen oder mal ein paar Kilos mehr auf den Rippen, bin ich auch noch nach dieser Flasche nachts zur Tankstelle getigert, um Nachschub zu holen. Ich hatte allen Ernstes mal eine Zeit lang meinen Handywecker auf „21:45 Uhr“ eingestellt, weil um 22 Uhr „meine“ Tankstelle Sperrstunde hatte und ich die – bei Nachschlag-Bedarf – nicht verpassen wollte… Filmrisse, weingetränkte Abende, vorsätzliche Besäufnisse und peinliche Eskalationen gehörten seit Jahren zu meinem Alltag und haben mein Leben immer mehr zerfressen. Ich kann nicht sagen, wie oft ich in den letzten Jahren mit dem Scheiß aufhören wollte. Ich habe IMMER gewusst, dass ich ein Alkoholproblem habe. IMMER. Doch im Jahr 2020 hat die Sucht in den nächsten Gang geschaltet, und der hat mir so richtig Angst gemacht.

Mein Trinkbedürfnis meldete sich schon tagsüber – und ich hab ihm nachgegeben. Ich bin tatsächlich mittags (damit meine ich: in meiner Mittagspause!) in den Supermarkt gegangen und habe mir neben meinem Salat eine 0,5l PET Flasche „Weißen G´Spritzten“ (bei Euch die „Weinschorle“ :-)) gekauft. Diese Flaschen kosten 0,89 Euro und gelten als das „Penner-Gesöff“. Ja, ich habe diese Flaschen gekauft, vorerst mal eine, dann wurden es auch mal zwei oder drei. Ich habe sie in der Arbeit getrunken, in ein farbiges Glas geschüttet und in meinem Büro-Schrank versperrt. Manchmal wurde es sogar eine kleine Flasche Wein (0,375l, also eine halbe Flasche!), die ich über den Nachmittag hinweg gestreckt mit Sprudelwasser getrunken habe.

Dann ist im „Corona-Jahr“ mein Bruder, der eigentlich im Ausland lebt, zur Überbrückung ein paar Wochen bei mir eingezogen. Nach wenigen Tagen, in denen ich sogar versucht habe, meine Trinkerei vor ihm zu verstecken, sagte er in seiner direkten, ehrlichen Art zu mir „Dani…Du trinkst zu viel. Du trinkst JEDEN TAG.“ Meine Reaktion? Ich habe ihm Recht gegeben und ihm versprochen, dass ich „es“ in den Griff bekommen werde. In weiterer Folge bin ich für die Dauer des Besuchs meines Bruders nach der Arbeit in meinem Auto in der Tiefgarage meines Wohnhauses gesessen, mit Bier und einer Flasche Wein, habe Bier und Weißwein (letzteren ungekühlt und direkt aus der Flasche) gesoffen, auf meinem Handy YouTube Videos gestreamt und gewartet, bis die „Bettzeit“ meines Bruders mit Sicherheit schon überschritten war – erst dann bin ich in die Wohnung und ins Bett getorkelt. Anstatt Zeit mit meinem kleinen Bruder zu verbringen, der im Ausland lebt, bin ich in der Garage gesessen und habe gesoffen. Das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen.

Tja, liebe Nathalie, und dann kam der 31.12.2020. Ich habe in mein Tagebuch (bei 2-3 Gläsern Wein, was sonst?) sinngemäß geschrieben „Das war’s jetzt (…) So kann es nicht weiter gehen (…) Neuer Tiefpunkt (…) Ab 1.1.2021 mal 100 Tage keinen Alkohol“. An diesem 31.12. hab ich mir nochmal so richtig die Kante gegeben. Am 01.01. bin ich dann völlig verkatert aufgewacht und hatte nur einen Gedanken: „Heute ist der erste Tag… ich schaff das nicht. ICH. WILL. WEIN.“ Eine enorme innere Unruhe hat mich gepackt, ich wurde extrem nervös und ängstlich. Am mittleren Nachmittag war es dann soweit: Ich bin zur Tankstelle gefahren, hab Wein und Bier gekauft, bin mit meiner Beute nach Hause geeilt und habe getrunken. Am 02.01.2021 war ich psychisch am Boden. Denn bis zu diesem Zeitpunkt war mir zwar klar, dass ich ein Alkoholproblem habe, mir war aber nicht klar, dass ICH nicht mehr das Sagen hatte. Bis dahin war meine Denke die, dass ich trinken WILL. Dass ich aber auch aufhören KANN, wenn ich nur will. Also eigentlich der ganz klassische Irrglaube eines Abhängigen. An diesem 01.01. hat meine Sucht mir mit einem süffisanten Grinsen gesagt: „Püppchen… diesen bescheuerten 100-Tages-Plan hast Du ohne mich gemacht… das lassen wir mal schön sein. Ab zur Tankstelle, LOS!“ – und ich habe dem Folge geleistet. Und das hat mir eine irre Angst gemacht. Ich wusste: Dani, Du MUSST jetzt aufhören zu trinken. Du MUSST.

Ich bin auf meine Art und Weise gläubig – nicht zwingend im religiösen Sinn, für mich ist etwa auch der Glaube an das Karma ein Glaube. In diesem Sinne glaube ich, dass schon sehr oft „etwas“ oder „jemand“ in meinem Leben die schützende Hand über mich gehalten hat. Es gab zig Situationen in meinem Leben, die verdammt böse hätten ausgehen können, in denen ich aber „Glück“ hatte – oder es eben das Karma gut mit mir meinte und mir wahrscheinlich ein paar „Schutzengel-Punkte“ von meinem Karma-Konto abzog (wobei ich auch stets darauf achte, mein Karma-Konto wieder zu befüllen, wann und wo es nur geht). Ich hatte im letzten Jahr, das an Maßlosigkeit und Kontrollverlust wie gesagt ein neues Level erreichte, immer öfter das Gefühl bzw. den Gedanken, dass mir etwas wirklich Schlimmes passieren wird, wenn ich jetzt nicht die Kurve bekomme. In diesen Momenten hab ich richtig Angst bekommen. Angst, weil dieses Gefühl und dieser Gedanke so rein, so mächtig, so ehrlich und ernst in mir hochkamen.

So auch am 02.01.2021. An diesem Tag hab ich mich gefragt, was ich tun kann, um diese Kurve nun ENDLICH zu kriegen und Schlimmeres zu verhindern. Ich dachte mir: „OK, im Alleingang hat es ZIG Male nicht funktioniert. Es KANN doch nicht sein, dass es nur mir mit dem Scheißalkohol so geht. Das KANN nicht sein.“ Ich saß da grad im Waschsalon, es war am 02.01.2021 kurz vor Mittag, von der gegenüberliegenden Tankstelle hatte ich mir schon zwei PET Flaschen Weinschorle gekauft, eine hatte ich schon zur Hälfte ge-ext, da hab ich „Alkohol“ auf Spotify in die Suchfunktion getippt. Und dann, liebe Nathalie, hast DU mich plötzlich aus dem Bildschirm heraus angelächelt. Ich hab mir Dein Intro angehört und musste direkt schmunzeln. Ich habe SO viele Parallelen zu meinem Leben, zu meiner Vergangenheit, zu meinem Werdegang erkannt. Ich habe Deinen Podcast am 02.01. und 03.01. verschlungen und wirklich JEDE Folge gehört.

Für mich war klar: Ich lasse mich von dieser entzückenden Frau an die Hand nehmen, ich glaube ihr und den vielen Menschen, mit denen sie gesprochen hat, dass ich ohne Alkohol aufhören werde zu existieren und ENDLICH anfangen werde zu leben. Die Erkenntnis, dass nicht nur der Körper, sondern auch der Geist nüchtern werden muss. Die Erkenntnis, dass es nicht reicht, einfach „nicht zu trinken“. Die intensive Auseinandersetzung mit dem Thema und das Umdenken, das dadurch seinen Anfang bei mir genommen hat, DAS waren meine größten Erfolgserlebnisse.

Mittlerweile zähle ich meinen 80. nüchternen Tag (whoop whoop) und bin inmitten Deines „Abstinenz stabilisieren“-Programms, das ich kurz nach Beendigung des ersten Programms gebucht habe. Seit ein paar Tagen hab ich nun auch den Zugang zur überarbeiteten Version – und Nathalie, HERZLICHE Gratulation an dieser Stelle, es ist wirklich spitze geworden!! Es tut einfach SO unfassbar gut, Dich nicht nur zu lesen, sondern auch zu hören und zu sehen!
Ich danke Dir so sehr dafür, dass Du Deinen Podcast gestartet und diese Programme ins Leben gerufen hast. Ich weiß nicht, wie mein Leben verlaufen würde, wäre ich nicht auf Dich und Deine Arbeit gestoßen. Ich umarme Dich und Dein Team in tiefer Dankbarkeit und Verbundenheit.
Danke für mein neues Leben!


An dieser Stelle möchte ich noch einmal darauf hinweisen, dass alle, die täglich trinken, einen Arzt oder eine Suchtberatungsstelle aufsuchen sollten, bevor sie mit meinem Programm beginnen. Bei derart regelmäßigem Konsum von einem auf den nächsten Tag aufzuhören, kann lebensgefährlich sein. Und hier geht es ja darum, Leben zu verbessern – nicht, sie zu gefährden. Falls Du nicht weißt, wie Du eine Suchtberatungsstelle in Deiner Nähe findest, schau gern mal hier.


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