Nach einem Interview mit mir im „Trierischen Volksfreund“ bekamen mein Team und ich eine Mail zugespielt. Darin befand sich eine Stellungnahme von offiziellen Vertretern des Weinbauverbands Mosel und des Bauern- und Winzerverbands Trier-Saarburg.
Sie kann Erklärungen dafür liefern, warum die Alkohollobby sich nicht äußert zu volkswirtschaftlichen Schäden in Milliardenhöhe, alkoholbedingtem Arbeitsausfall, Familienzerfall sowie millionenfachen Todes- und Krankheitsfällen, die auf ihre Produkte zurückgehen. In der Stellungnahme rufen die Unterzeichnenden ihre Bauern und Winzer dazu auf, sich bedeckt zu halten. Ich zitiere:
„Als Verband werden wir keine öffentliche Reaktion zeigen, um allen Selbstdarstellern im Rahmen der Alkoholdiskussion nicht eine neuerliche Plattform zu bieten sich selbst darzustellen und dem Berufsstand zu schaden.“
Mit Selbstdarstellern bin in dem Zusammenhang wohl vor allem ich gemeint. Offenbar gab es Ambitionen, sich gegen meine Aussagen zur Wehr zu setzen, doch die Herren plädieren für Zurückhaltung:
„…darf die Kritik sicherlich geäußert werden und muss geäußert werden, aber nicht in Form von Leserbriefen, die wieder vielen ideologisch verblendeten Menschen und Organisationen die Möglichkeit bieten, auf den Berufsstand der Bauern und Winzer draufzuhauen und unsere tatsächlichen Leistungen für die Kulturlandschaft und für die Volkswirtschaft (Ernährungsicherstellung) zu entwürdigen.“
Danach hacken sie auf der Deutschen Gesellschaft für Ernährung rum und rufen dazu auf, sich bei fragwürdigen Initiativen wie „Wine in Moderation“ zu engagieren und immerzu zu betonen, wie wichtig Weinbau für Umwelt und Kultur sind.
Nun, das kann man anders sehen. Und für diese andere Sichtweise möchte ich gern den Mann zitieren, der uns die Stellungnahme zugespielt hat:
„Es ist nicht hinnehmbar, dass ein Berufsstand, der mit der Gesundheit der Menschen spielt, sich derart in die Defensive begibt, anstatt die eigenen Praktiken kritisch zu hinterfragen und eine nachhaltige Neuausrichtung zu erwägen.
Weinbau in seiner heutigen Form bedeutet nicht nur die Produktion eines Genussmittels, sondern auch den großflächigen Einsatz von Pestiziden und anderen schädlichen Chemikalien, die sowohl die Umwelt als auch die Gesundheit der Menschen gefährden. Die Hanglagen entlang der Flüsse könnten weitaus sinnvoller genutzt werden – etwa für Wälder, die im Zuge des Klimawandels einen wertvollen Beitrag zur Stabilisierung des Mikroklimas leisten. Flachlagen hingegen könnten zur Produktion von Lebensmitteln dienen, anstatt Flächen für den Anbau von Wein zu verschwenden.
Die vehemente Verteidigung des Weinbaus als ‚Kulturgut‘ ist in einer Zeit, in der die gesundheitlichen Schäden durch Alkohol unbestreitbar sind, unzeitgemäß und unverantwortlich. […]
Es ist bezeichnend, dass der Kreisverband sich nicht inhaltlich mit diesen Argumenten auseinandersetzt, sondern vielmehr die Kritiker pauschal als „ideologisch verblendet“ diffamiert. Diese Reaktion zeigt eine erschreckende Ignoranz gegenüber den realen Herausforderungen unserer Zeit. Wer weiterhin an einem überholten Geschäftsmodell festhält, anstatt nachhaltige Alternativen zu entwickeln, gefährdet nicht nur seine eigene Zukunft, sondern auch die Gesundheit und das Wohlergehen der gesamten Gesellschaft.“
Ich stimme dem zu. Gleichzeitig verstehe ich die wirtschaftlichen Zwänge, unter denen die einzelnen Weingüter und Kellereien stehen. Natürlich lässt sich mit Wäldern – wie in dem Beispiel oben genannt – deutlich weniger Geld verdienen als mit Reben. Es sollte hier nicht darum gehen, Winzern die Lebensgrundlage zu zerstören. Und gleichzeitig sehe ich eben auch all das Leid, das ihre Produkte und die Bedingungen, unter denen sie vermarktet werden, verursachen. So, wie es aktuell läuft, kann es einfach auch nicht weitergehen. Insofern sollten wir als Gesellschaft darüber nachdenken, wie wir das Problem auf beiden Seiten menschenfreundlich lösen können.
Und hier sehe ich vor allem die Winzerverbände am Zug. Es ist ihre Aufgabe, über Lösungen nachzudenken, die die wirtschaftliche Basis ihrer Mitglieder auch mittel- und langfristig sichern. Die Folgeschäden, für die sie mitverantwortlich sind, unter den Teppich zu kehren und einfach weiterzumachen wie bisher, kann nicht die Lösung sein.
Wie siehst Du das? Würde mich freuen, Deine Meinung zu lesen.