06.05.2024

Was sagen Sie zu Cannabis, Frau Stüben?

Diese Frage habe ich in den vergangenen Monaten im Rahmen der Cannabislegalisierung häufig gestellt bekommen. Zum Beispiel, als ich zu Gast bei Markus Lanz war. Und auch mein Team erreichen immer mal wieder Mails zum Thema Cannabis.

Und jetzt mal unter uns: Ich habe mich ausgiebig mit dem Thema Alkohol, Alkoholabhängigkeit und den medizinischen, gesellschaftlichen und politischen Faktoren auseinandergesetzt. Ich habe viele Podcastfolgen, YouTube-Videos, ein Buch, mehrere wissenschaftliche Fachartikel und zwei Online-Programme veröffentlicht, um über Alkohol zu informieren, aufzuklären und zu helfen. Ich weiß zudem aus eigener Erfahrung, was Alkoholsucht anrichtet. Insofern: Ja, ich glaube, da kenne mich ganz gut aus. Das bedeutet aber nicht, dass ich Expertin für Cannabis bin. Was antworte ich also, wenn mich jemand bittet, dazu Stellung zu beziehen?

Nun, zunächst mal ist Cannabis eine Droge – auch, wenn sie aktuell oft ein Heilpflanzen- und Genussmittel-Image verpasst bekommt. Drogen sind psychoaktive Substanzen, die verändern, wie wir denken und fühlen. Außerdem haben sie die blöde Eigenschaft, unsere Selbstbestimmung und die Kontrolle über unser Verhalten nach und nach zu schwächen. Wenn Du Cannabis nutzt, um abends ein bisschen runterfahren zu können, dann lernt Dein Hirn mit der Zeit: Mega, das machen wir jetzt regelmäßig so. Und das halte ich für gefährlich. Was Cannabis in den Gehirnen von Jugendlichen und jungen Erwachsenen anrichtet, für umso gefährlicher.

Aber was mich im Zuge der Cannabis-Legalisierung am meisten verblüfft hat, ist die Tatsache, wie sehr sowohl unsere Gesellschaft als auch unsere Politik mit zweierlei Maß messen. Mittlerweile wissen fast alle, wie sehr Cannabiskonsum bis zum 25. Lebensjahr zu Beeinträchtigungen in der Hirnentwicklung führt – beim Alkohol ist das kaum jemandem klar, obwohl die Auswirkungen viel krasser sind. Bayern verbietet Cannabiskonsum auf Volksfesten und in Biergärten, aber dort ist es noch immer normaler, Alkohol zu trinken als es zu lassen. Jugendliche sollen die Finger von Joints lassen, aber lernen, “verantwortungsvoll zu trinken”, um Teil der Gesellschaft zu sein – obwohl wirklich verantwortungsvoller Umgang mit einer Droge IMMER bedeutet, die Finger davon zu lassen. Alkohol ist in jeder Hinsicht schädlicher und zerstörerischer als Cannabis, aber jeder darf sich hierzulande so viel Alkohol kaufen, dass er locker daran sterben kann. Im Supermarkt bekommen wir ihn sogar noch im Sonderangebot hinterhergeschmissen. Zum Start der Grillsaison, zum Start der Fußball-EM und ach, zu jedem beliebigen anderen Anlass.

Insofern hat die Legalisierungsdebatte meiner Ansicht nach deutlich gemacht, wie fahrlässig wir mit Alkohol umgehen. Noch deutlicher wird das, wenn wir’s nochmal von einem ganz anderen Blickwinkel betrachten und uns vorstellen, wir würden Alkohol so behandeln wie Cannabis. Also stell Dir mal vor, Du müsstest Dich in “Alcohol Social Clubs” anmelden und Mitglied werden, um Alkohol zu kaufen. Die Menge wäre limitiert, aber Du dürftest zu Hause auch selbst ein bisschen brauen und destillieren. Werbung und Marketing wären absolut verboten und Jugendliche unter 18 Jahren dürften Alkohol weder besitzen noch konsumieren. Wenn sie erwischt würden, müssten sie an Interventions- und Präventionsprogrammen teilnehmen. Auf Schul- und Kitafesten dürftest Du nicht trinken, noch nicht einmal im Umkreis von Schulen und Kitas.

Ich vermute mal, wir würden anders mit Alkohol umgehen.

Und was Cannabis angeht: Hier möchte ich gern auf die Arbeit von Menschen verweisen, die sich damit richtig, richtig gut auskennen. Eine davon ist Prof. Dr. Eva Hoch, die das Institut für Therapieforschung in München leitet. Sie hat zusammen mit Prof. Dr. Ulrich W. Preuss ein Buch geschrieben, in dem Du Dich objektiv und faktenbasiert zum aktuellen Wissensstand informieren kannst. Es ist verständlich geschrieben und erklärt Dir umfassend, welche Potenziale und Risiken Cannabis mit sich bringt. Es heißt: “Cannabis: Konsum, Gefahr, Mythen, Nutzen” und bestellen kannst Du Dir das Buch z.B. hier.


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