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22.05.2021

Joana: „Liebe ohne Nebelschleier“

Immer wieder schreiben mir meine Programmteilnehmer:innen, wie gut es ihnen nüchtern geht. Und wie deutlich sie das erkennen lässt, wie beschissen es ihnen mit Alkohol ging. Sie schreiben mir, warum sie aufgehört haben zu trinken. Warum sie aus dem Nebel getreten sind und wieder Verantwortung für ihr Leben übernehmen.

Hier kommen ein paar dieser Warums.

Warum wolltest Du aufhören zu trinken?

Tina

Ich hatte es sooo satt, ständig einen Hangover zu haben. Ständig in verschiedene Läden zu fahren, um Wein zu besorgen, damit es nicht auffällt. Zudem noch unnützes Zeug zu kaufen, da ich nicht nur einfach Wein kaufen wollte. Ich hatte es satt, mir ständig Gedanken zu machen – oh, ich muss Leergut entsorgen, hoffentlich merkt niemand was. Alles war nur noch anstrengend. Herzrasen, Zittern, Sätze nicht zu Ende reden können, Gedächtnislücken, mich nicht mehr an gestern Abend zu erinnern… ich hatte es satt, mich ständig zu schämen und eine Fassade aufrecht zu erhalten, die einfach so nicht stimmte.

Frank

Ich habe gemerkt, dass es mir ohne Alkohol viel besser geht. Ich schlafe zwar immer noch manchmal schlecht, fühle mich aber morgens nicht so gerädert. Ich bekomme Dinge geregelt, die ich lange vor mir hergeschoben habe. Längeres, konzentriertes Arbeiten ist möglich. Kürzlich habe ich seit langer Zeit wieder ein anspruchsvolles Buch gelesen – mit Alkoholpegel ging das nicht.

Erschreckenderweise war es mir auch gar nicht wichtig, Bücher zu lesen und Dinge zu regeln – mir hat der wohlige Alkohol-Watte-Kokon gereicht. Nein, mit Alkohol war ich nicht die bessere Version von mir. Ich habe immer mal blöde Dinge gemacht oder gesagt und damit liebe Menschen verletzt. Ich konnte ja soo witzig sein, oft auf Kosten anderer. Alkohol ist keine schöne Droge, die das Leben hell, bunt und aufregend macht. Alkohol ist Ethanol – im wahrsten Sinne leicht entzündlich, wie Benzin. Es verursacht Krebs, schädigt die Leber und macht süchtig. Es zerstört Leben und Beziehungen. Ich werde jetzt ein besseres, nüchternes Leben führen und Verantwortung für mich und meine Handlungen übernehmen.

Claudia

Ich wollte aufhören zu trinken, weil ich schon lange wusste, dass ich ein Problem mit dem Trinken habe. Wusste, dass ich abhängig bin. Ich will die Sucht nicht mehr spüren. Nicht noch mal extra einkaufen zu müssen, weil „etwas fehlt“, nur um mir dann noch eine Flasche Wein kaufen zu können. Ich will für meinen Sohn (13) ein Vorbild sein und meiner Tochter (19) auch noch. Ich will nicht mehr peinlich sein, nicht torkeln und lallen. Nicht mehr grantig sein. Ich will keine Sachen mehr vergessen. Ich will gut schlafen können und morgens fit sein.

Alexandra

Ich habe Alkohol getrunken, seit ich denken kann. Auf Partys, zu Hause, beim Treffen mit Freunden, etc. Im letzten Jahr meiner Ehe war Alkohol ein ständiger Begleiter und unser Weg der „Entspannung“. Das habe ich so fortgesetzt, als mein Mann weg war. Vor allem in der ersten Zeit des Lockdowns habe ich zum Einläuten des Feierabends erstmal eine halbe Flasche Sekt getrunken und danach noch eine halbe oder auch mal ganze Flasche Wein – und das täglich. Ich war tagsüber fix und fertig, habe die Kinder angeschrien, hatte Herzrasen und konnte nachts nicht mehr schlafen. Oft bin ich schon vor dem Fernseher eingeschlafen, wenn wir noch zusammen Kinderserien geschaut haben. Es war einfach alles zuviel.

Mir wurde plötzlich bewusst, dass da niemand ist, der mich daran hindern würde, zuviel zu trinken. Ich war ganz alleine dafür verantwortlich und musste lernen, auf mich aufzupassen. Ich glaube, mir hat vor allem die Sinnfrage geholfen: Was bringt es mir, Alkohol zu trinken? Gar nichts. Das ist eine Erkenntnis, die mich durch diese Zeit getragen hat, und ich möchte sie nie wieder verlieren..

Joana

Ich will nicht nur in meinem Kopf leben, denn das habe ich so lange getan. Habe ins Weinglas geschaut und mir mein tolles Leben vorgestellt. Es musste anders sein, als das, was ich hatte. Zauberhaft, märchenhaft, wunderbar. Das konnte es jedoch niemals sein, weil ich gar nicht richtig da war. Ich habe mich an den Rand gestellt, dabei zugesehen, was passiert, und nie wirklich intensiv und wahrhaftig gelebt. Der Alkohol hat alles vernebelt. Und das habe ich jetzt erkannt. Ich bin kein Opfer. Ich bin die Zauberin, und ich erschaffe mir meine Märchenwelt! Nur, dass sie real sein wird. Nicht perfekt, denn das Leben ist nicht perfekt. Dafür wird sie echt sein. Mit echten Emotionen, mit Höhen und Tiefen, mit klarer Liebe ohne Nebelschleier.


Vor ein paar Tagen lief auf RTL ein Beitrag darüber, wie ich meine ersten Schritte aus dem Nebel ging und wie es mir heute geht. Falls Du Dir den Bericht ansehen möchtest, bitte hier entlang.


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